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Tunesien

Nach dem nun das geeignete Motorrad vor der Tür stand, galt es Gleichgesinnte zu finden. Dank Internet Standleitung im Studentenwohnheim dauerte es nicht lange bis ich auf eine Anzeige im Afrikatwin Forum stieß. Kai suchte dort nach Mitfahrern für Tunesien. So kam es, dass wir (Kai,Marco und Horst) uns kurz darauf in Göttingen trafen. Natürlich waren wir Alle sehr gespannt aufeinander, hatten wir doch bisher nur per E-mail kommunizert. Unsere Offraoderfahrungen waren nicht allzu gross und Tunesien sollte für uns Alle der Einstieg sein. Die Motorräder waren recht unterschiedlich, so hatte Marco sich für 40 tausend Mark eine HPN BMW genau auf seine Bedürfnisse zusammengebaut. Kai hatte seine Honda Transalp mit viel Liebe und relativ geringen finaziellem Aufwand "pistentauglich" gemacht. Horst wollte Anfangs noch mit Straßenreifen und einer BMW 850 GS fahren, leistete sich dann aber kurz vor Reisebeginn doch noch eine neue KTM Adventure... Bevor es losging hat jeder von uns noch ein bisschen Offroadfahren geübt. Ich fuhr über eine Wochenende nach Süddeutschland zum Endurotraining von Baboons und staunte nicht schlecht was mit meiner Affentwin so Alles möglich ist, auch wenn irgendwann das Gewicht zum limitierenden Faktor wird. Dann war endlich der Tag da! Mit leicht flauem Gefühl im Magen fuhren Kai und ich an einem dunklen November Abend zur Autobahnrastätte in Göttingen wo Matthias Trommer der Marco schon in Dresden abgeholt havon hatte mit seinem Sprinter und Motorradanhänger wartete. Bei Frankfurt sammelten wir dann Horst ein und bestaunten erstmal die nagelneue KTM. Dann ging´s die Nacht durch nach Genua. (sicherlich der gefährlichste Teil der Tour) Matthias Transportunternehemen war ein ein Mann Betrieb und so hielt er sich mit Unmengen schwarzem Kaffee wach. Unser Angebot ihn beim fahren abzulösen konnte er wegen der Versicherung nicht annehmen...inshalla würden wir schon ankommen. Tatsächlich erreichten wir den grossen Fährhafen in Genua rechtzeitig, wenn auch ganz schön gerrädert. Aber die Sonne schien und wir bestaunten die riesige Meute von Offroadern mit ihren Motorrädern, Jepp´s und beeindruckenden 4x4 Expiditionstrucks. Die Zollformalitäten gestalteten sich wie erwartet zäh, aber gegen späten Mittag erklommen wir mit unseren Maschinen die Laderampe der Fähre nach Tunis. Nach hektischem Verzurren der Maschinen im Ladedeck und der ungewissen Frage ob schwerer Seegang nicht doch zur Zerstörung der Bikes führen würde, fanden wir uns damit ab und sahen uns das Ablegemanöver von Deck aus an. Zum Glück verlief die Überfahrt recht ruhig, abgesehen von Kai der ca. alle 30min auf´s Klo musste, da er sich einen schönen Magendarminfekt mitgebracht hatte. So war denn auch am Morgen unsere Toilette überfordert und wollte nicht so recht ablaufen...jaja, an Sprüchen haben wir´s natürlich nicht mangeln lassen! Gegen 11 Uhr rollen wir von Bord und nehmen zum erstenmal den afrikanischen Kontinent unter die Stollen. Nach aktivem Anstellen haben wir den Zoll schnell hinter uns und düsen flott durch Tunis, dann auf der Autobahn zu dem kleinen Ort, wo unser Campingplatz liegt passierts! Ich sehe vor mir plötzlich Kai und Marco heftig bremsen und ausweichen, ein wasserkistengroßer Stein prallt vom Bordstein neben mir ab und Horst und ich können gerade so ausweichen. 100m weiter ist eine Tankstelle, dort verschaffen wir uns erstmal einen Schadensüberblick. Kai hat bei ungefähr 80 km/h den grossen Stein mit dem Motorschutz gerammt und unter sein Hinterrad geschleudert. Der Reifen ist platt und die Werkzeugrolle die an seinem Motorschutz montiert war ist inklusive der darin verstauten Maulschlüssel komplett unbrauchbar.Der Stein war nach dem Volltreffer wie ein Fußball abgepraltt und über die Fahrbahn getrudelt, so das wir von Glück sagen konnten, dass wir diesem Geschoss ausweichen konnten. Kaum 12 km gefahrn und schon die erste wirklich gefährlich Situation, hätte einer von uns den Stein mit dem Vorderrad erfasst, wäre er wohl kaum auf dem Bock geblieben. Mit dem Tankwart wurde vereinbart das am nächsten Tag ein Reifen besorgt und montiert wird, das Gepäck von Kai wurde auf unsere Bikes umgeladen und er kam hinten drauf. Den Campingplatz erreichten wir erst in stockfinsterer Nacht. Schnell wurde die Zelte aufgebaut und ab in die Schlafsäcke. Wieviel Glück wir gehabt hatten wurde uns erst am nächsten Morgen so richtig klar. Kai und Horst gelang es tatsächlich einen passenden Reifen aufzutreiben, so dass wir am nächsten Tag unsere Tour starten konnten. Wir hielten uns erstmal gen Westen bis dicht an die Algerische Grenze, dort wird die Landschaft von grossen kargen Tafelbergen geprägt, die Nächte auf über 600 Höhenmetern waren lausekalt. Aus Gewichtsgründen hatte ich nur einen 900 gramm Schlafsack und keine Isomatte dabei. Ich zog also Alles an was ich mit hatte und schlief auf meiner Motorradmontour...da war man morgens schonmal wie gerädert. Aber sobald die Sonne die geschundenen Glieder wärmte war die Welt wieder in Ordnung! Ausserdem hatte ich für folgenden Touren wieder hinzugelernt, was die Ausrüstung angeht. Wir campten überwiegend wild und hatten einige nette Begegnungen mit Hirten die wir zum Tee einluden und mit den wir mit Händen und Füssen sprachen. Am dritten Tag erlebt ich eine böse Überraschung. Durch einunbekanntes klapper Geräusch beim Bremsen aufmerksam geworden überprüfte ich die Bremsanlage und stellt erschreckt fest, dass sich beide Bremsättel gelösst hatten und die Schrauben die Sättel nur noch auf den Bremsscheiben hielten, weil die Plastikverkleidung sie daran hinderte herauszufallen. Da hatte ich bei der Montage vergessen die Schrauben mit Looktide zu sichern...puhhh, das wär ein heftiger Abgang geworden. Also ein Tropfen Schraubensicherung drauf, festziehen und weiter ging´s. Unser Trupp funktioniert trotz sehr unterschiedlicher Charaktäre gut, aber auf schwierigen Pisten machten sich die unterschiedlichen Motorräder doch bemerkbar. Während Horst mit 130km/h über die Piste bügelte (Kommentar: "Also ich merk nix!"), so kann Marco noch ganz gut mithalten hat aber im Sand auf Grund des hohen Gewichts und relativ kurzer Federwege so sein Tun. Auf der Twin fühle ich mich so bei 80-90 km/h wohl, bin im Sand aber durch die viel zu schweren und breiten Turatech Alukoffer gehandicapt. Die Dinger bauen fast 1,09m breit sind somit sehrweit von der Motorradlängsachse entfernt, ausserdem habe ich sie relativ weit vorne montiert um den Schwerpunkt möglichst zentral zu plazieren. Leider schlage ich wenn man dochmal ein Bein zum "Füsseln" raustellen muss kräftig mit der Wade gegen die Koffer, was trotz robuster Endurostiefel recht unangenehm ist. Höher Geschwindigkeiten bringen das orginal Honda Federbein auf heftigeren Stücken schonmal zum durchschlagen. Kai fährt seine Transe fast immer am Limmit des Fahrwerks. Er hat genau wie ich nur die Gabelfedern getauscht, aber noch das original Federbein hinten. Mit etwas über 90kg ist das Fahrwerk der Transalp bei Tempo jenseitz der 80 km/h deutlich überfordert. Trozdem klappt das Kolonnefahren eignetlich ganz gut. An der algerischen Grenze entlang fahren wir südlich zum grossen Chott (Salzsee) Richtung Douz. Dort geniessen wir einen für Tunesien recht komfortabelen Campingplatz. Ausserdem beginnen hier die Ausläufer des grossen Erg Oriental der Sahara, also das erstmal richtige Dünen. Auf dem Platz trifft man fast nur Offroader und Benzingespräche sind an der Tagesordnung. Nun geht´s das erstmal ohne Gepäck zum "spielen" in die Dünen. Wie war das noch Gas,Gas,Gas, das Vorderrad muss aufschwimmen, das Hinterrad mit viel Schlupf durchdrehen um durch Kreiselkraft die Fahrt zu stabilisieren. Soviel zur Theorie...in der Praxis kriegt man im entscheiden Moment oft Muffensausen macht den Gashahn zu und findet sich im Sand wieder. Zum Glück sind Stürze kaum Schmerzhaft und mit der Zeit haben wir Alle den Bogen raus. Später werden wir lernen, dass die Dünen in Douz eher zu den schweren gehören, da sie sehr Kurz und steil sind... Es geht weiter Richtung Süden über die sogenannte Pipelinepiste, über die wir schon einige Geschichten gehört haben. Die ersten 60zig Kilometer laufen ganz gut...dann komme ich mit 80 km/h über eine flache Kuppe und sehe ein etwa 100m langes, von Geländewagen tief verspurtes FeschFesch Feld (extrem feiner weicher Sand, fast wie Mehlstaub). Nach 10m gerate ich in eine tiefe Spur, ich merke wie ich mich satt locker zu bleiben verspanne. Statt zum stabilisieren Gas zu geben, verlässt mich der Mut...ich nehme Gas weg, das Vorderrad wird belastet die Maschine beginnt zu pendeln, mit aller Kraft versuche ich zu verhindern, dass mir der Lenker aus der Hand gedreht wird. Da passierts, bei ungefähr 40km/h steht das Vorderrad fast queer zur Spur und gräbt sich in den Sand. Ich merke wie sich das Heck hebt, um mich herum nur noch feinster Sandstaub, die Maschine steht senkrecht und überschlägt sich mit mir auf die rechte Seite. Im ersten Augenblick liege ich erstmal reglos da, dass rechte Bein unter dem Motorrad und warte was nun passiert. Als sich der Sandstaub gelegt hat krabbele ich unter dem Bike hervor und überprüfe erstmal ob alle Extremitäten noch funktionieren. Mhhh, der rechte Knöchel und die Wade tun weh, lassen sich aber problemlos bewegen. Immerhin ist die Maschine mit Gepäck und Koffern damals fast 260kg schwer gewesen. Zum Glück hat das bein nur einen kleinen teil der Wucht des Sturzes abfangen müssen. Alukoffer und Vorderer Tanksturzbügel lassen genug Platz für´s Bein. So Haben Koffer und Sturzbügel die meiste Kraft aufgenommen. Der Koffer ist nun 5cm schmaler, die Verkleidung vorne rechts gesplitter und der Instrumententräger verbogen. Jetzt erstmal schnell das Bike von der Piste, bevor der nächste Geländewagen über die Kuppe schiesst. Mittlerweile haben auch die Anderen meine Abflug bemerkt und helfen mir erstmal Alles wieder so hinzubiegen, dass wir die Fahrt vortsetzten könne. Zum Glück läuft die Twin weiterhin einwandfrei. Auch wenn ich´s erst nicht wahrhaben will, so hat mir der Sturz doch gehörig Angst eingejagt...hätte auch andersausgehen können. Wäre mir das Bike in den Rücken gekracht hätte wohl auch das Protektorenhemd nichtviel gebracht. Ich brauch erstmal einige Tage um wieder den Mut zu finden im Sand mit der nötigen Geschwindigkeit zu fahren. Und das wo wir doch nun in´s militärische Sperrgebiet wollen um uns den grossen Dünen zu stellen. Von Kshar Gilane aus machen wir uns auf den Weg nach ElBorma eine Öhlraffinerie in der Wüste. Die Piste ist zum Glück nur wenig versandet, so dass wir mit 100-120km/h über die Waschbrettpiste fliegen. Nur in den Kurven oder beim Bremsen merkt man das die Reifen nur alle 50 cm Bodenkontakkt haben, da fühlt es sich dann ein bisschen so an als würde man auf eis fahren. Fährt man aber nicht schnell genug, um von Kuppe zu Kuppe zu springen wird man so heftig durchgerüttelt, dass man sorge hat das Motorrad könnte sich unter einem auflösen. Beim tanken in ElBorma stellen wir fest, das wir für diese Spritpreise viel zu wenig bargeld mitgenommen haben, was in der Gruppe für etwas Unruhe sorgt. Das grösste Problem ist aber das wir bei der Militär-Kontrolle in El Borma erfahren mußten, das wir das orginal der Einfahrgenehmigung nicht hätten abgeben dürfen, sondern Kopien machen müssen, die an den Posten einbehalten werden. Schon in El Borma haben wir fast 3 Stunden am Schlagbaum verbracht um wieder rauszukommen. Und nur nach vielen Telefonatenund zähem verhandeln liess man uns fahren. Nach langer Beratung entschlossen wir uns nicht zu riskieren beim nächsten Kontrollposten wieder festgehalten zu werden. Wir studierten die Karten um eine Weg aus dem Sperrgebiet zu finden, an dem es keinen Kontrollposten gab. Am nächsten Tag gelang es uns tatsächlich das Sperrgebiet unbehelligt zu verlassen. Dabei fuhren wir grosse Strecken nur schmale Trampelfade durch die Geröllwüste in einer dramatischen Landschaft Richtung Osten, lybische Grenze. Nun gönnten wir uns ein paar ruhige Tage auf Djerba, dass sich aber wieder erwarten recht stürmisch und kühl zeigte. Langsam mussten wir uns wieder Richtung Norden orientieren und fuhren ins Dahar Gebirge. Wir bezogen Quatier in einem alten Ksar (Haluff), dort bewohnten wir eine der alten Hölenwohnungen. Abends gab´s lecker KusKus und Ziegen die über 6 Stunden in einem Erdofen gegarrt wurde. Wir genossen die kurvigen Bergstrassen nach den endlosen schnurrgeraden Wellblechpisten. Allerdings muss man jeder Zeit mit knietiefen Schlaglöchern und allerlei Getier auf der Fahrbahn rechnen. Über Douz ging es nun weiter nach Souz, wo wir uns seit langem mal ein richtiges Hotelzimmer direkt an der Uferpromenade leisteten. Wir besuchten von dort aus ein antikes Amphietheater, eine Moschee und diverse Märkte. Ich began Eva zu vermissen, auch wenn wir, oder gerade weil wir nun häufiger telefonierten. So dass ich nicht traurig war als wir nach Tunis aufbrachen um dort noch 4 Tage die Hauptsadt und ihre Basare zu besichtigen. Die Rückfahrt mit der Fähre gestaltete sich zum Glück ruhig, und pünktlich zum Einlaufen in Genua stand Matthias Trommer mit seinem Motorradanhänger am Anleger. Nach anstrengenden 21 Stunden Heimfahrt nach Göttingen,schloss ich glücklich Eva in die Arme.